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Hanse 2.0: Die Gamecity Hamburg

Hamburg hat seit fast 20 Jahren eine sehr aktive Entwicklerszene. Bereits 2003 schloss sie sich mit der Stadt zusammen, um gemeinsam ein starkes Netzwerk für eine florierende hanseatische Games-Branche aufzubauen. Das Ergebnis ist die Gamecity Hamburg. Johannes und Anna vom Gamecity-Team gaben mir einen Einblick in das vielfältige Angebot der Standortinitiative und wie sie euch dabei unterstützen, euren Traum vom eigenen Game(-Studio) Wirklichkeit werden zu lassen.

Hamburg gilt (laut „The Economist“) als die deutsche Stadt mit der höchsten Lebensqualität. Auch in Bezug auf die deutsche Games-Branche braucht Hamburg den Vergleich nicht zu scheuen. Gerade die Förderung der lokalen Dev-Szene ist vorbildlich – und daran hat die Standortinitiative Gamecity Hamburg einen wesentlichen Anteil.

Gleich vier der zehn größten Entwicklerstudios in Deutschland haben heute ihren Sitz in Hamburg. (Quelle: GamesWirtschaft) Angefangen mit Gamigo, das im Jahr 2000 in der Hansestadt gegründet wurde, über Bigpoint (2002) und Innogames (2007) bis zu Goodgame Studios, das 2009 folgte.

Geht man die Liste der deutschen Topstudios weiter durch, finden sich dort viele andere Unternehmen, die aus der hiesigen Games-Branche nicht mehr wegzudenken sind, darunter Daedelic Entertainment , DC Fishlabs oder Rockfish Games. Auch in Sachen Indie-Entwicklung ist Hamburg sicher einer der Hotspots in Deutschland.

Mit den ersten größeren Studios erwuchs die Idee, den Standort in Hamburg nachhaltig zu fördern. Gemeinsam mit der Stadt wurde so 2003 die Initiative Gamecity Hamburg gegründet, die 2018 in die Kreativgesellschaft Hamburg integriert wurde.

Der Games Lift Inkubator

Die Eingliederung der Gamecity in die Kreativ Gesellschaft gab dem Projekt frischen Auftrieb und einige neue Möglichkeiten, sich innerhalb eines nun 54 Mitarbeitende umfassenden Teams auszutauschen oder gemeinsam Formate zu entwickeln.

Eines dieser Formate ist der Games Lift, ein Inkubator-Programm für Startups, das es in ähnlihcer Form ebenso bei der Initiative nextMedia.Hamburg als Media Lift Inkubator gibt. „Die funktionieren nicht 1:1 gleich, aber das Prinzip ist dasselbe – dass junge Teams über einen mehrmonatigen Prozess gefördert werden“, erklärt Anna Jäger, PR-Managerin bei der Gamecity Hamburg.

Im Falle des Games Lift Inkubators werden Games-Schaffende bei der Ausarbeitung ihrer Games-Konzepte unterstützt und durchlaufen dafür eine dreimonatige Intensiv-Phase mit einem anschließenden Follow-up-Support für das Folgejahr.

Gamecity Hamburg Games Lift Graduation Event
Beim Games Lift Graduation-Event dürfen die Teams, die am Games Lift Inkubator teilgenommen haben, ihre Ergebnisse präsentieren. Autor: Selim Sudheimer, Quelle: Gamecity Hamburg

Die Intensivphase ist geprägt von Workshops und Mentoring-Sessions durch erfahrene Branchen-Vertreter-innen, welche die Teams individuell beraten. In dieser Zeit werden den Nachwuchs-Entwicklern-innen Arbeitsplätze in einem zentral gelegenen Co-Working Space zur Verfügung gestellt und sie erhalten eine Anschubfinanzierung für ihr Projekt von bis zu 15.000 Euro.

Auch nach den drei Monaten profitieren die Teilnehmer-innen weiterhin von dem Programm: Bis zum Dezember des Folgejahres dürfen sie individuelle Coaching-Sessions mit Experten in Anspruch nehmen. Oben drauf gibt es ein Zeitbudget bei einer PR-Agentur, die auf Indie-Games spezialisiert ist.

Wer sich bewirbt muss zunächst ein Vergabegremium aus Branchenkennern überzeugen. Die von ihnen vorausgewählten Projekte dürfen in einem Online-Pitch noch einmal persönlich glänzen. Erst danach wird entschieden, wer die Zusage bekommt. Bis zu fünf Teams können pro Jahr teilnehmen.

Einem Kulturtest, wie bei einigen anderen Games-Fördergeldern üblich, müssen sich die Games-Projekte aus Hamburg nicht unterziehen: „Wir geben keine FSK-Einschränkungen vor. Dennoch gibt es natürlich auch bei uns Grenzen und Regularien, beispielsweise, dass keine gewaltverherrlichen Inhalte erlaubt sind“, erläutert Anna.

„Bei den Förderkriterien steht im Vordergrund, dass das Geld da ankommt, wo es auch wirklich gebraucht wird und tatsächlich dazu beiträgt, einem jungen Team, beziehungsweise einem vielversprechendem Konzept, zum Erfolg zu verhelfen. Auch der Standortfaktor, also die wirtschaftliche Relevanz für die Hamburger Games-Branche, spielt eine zentrale Rolle bei der Entscheidung, wer angenommen wird“, ergänzt Johannes Klockenbring, der ebenfalls Teil des PR-Kaders bei Gamecity Hamburg ist.

Prototypenförderung durch die Gamecity Hamburg

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt ein weiteres Förderprogramm der Gamecity Hamburg: Die Prototypenförderung. Diese ergänzt wunderbar die Unterstützung nach der Teilnahme am Games Lift Inkubator und lässt sich auch mit anderen Förderungen, wie etwa der Bundesförderung, kombinieren.

„Wir hatten beispielsweise ein spannendes VR-Projekt, das zunächst von unserem Inkubator-Programm bei der Ausarbeitung des Konzepts Unterstützung erhielt. Später nutzten sie das Gelernte aus dem Inkubator für den Antrag zu unserer Prototypenförderung und können nun ihren Prototypen durch unsere Förderung voranbringen“, erzählt Anna.

Die Prototypenförderung unterstützt einzelne Entwickler_innen oder Studios bei der Umsetzung eines Game-Prototypen mit einem nicht rückzahlbaren Zuschuss. Das heißt, das Geld bleibt auf jeden Fall bei euch. Dabei werden maximal 80 Prozent der förderfähigen Kosten bewilligt. Bis zu 80.000 Euro sind möglich.

„Für die Prototypenförderung erhalten wir ein jährliches Budget über 400.000 Euro von der Stadt Hamburg. Je nachdem, wie hoch die Auszahlungen in der ersten Förderrunde waren, ist noch eine zweite drin. Nicht jedes Projekt braucht zur Umsetzung 80.000 Euro. Generell muss jede beantragte Summe nachvollziehbar begründet werden“, erklärt Anna.

Gamecity Hamburg Prototypenförderung 2021 Projekte Grafik Übersicht
In der ersten Förderrunde für Prototypen der Gamecity Hamburg wurden insgesamt mehr als 250.000 an die Bewerber-innen ausgezahlt. Die Fördersumme ist abhängig von den jeweiligen Bedürfnissen der Projekte und kann sehr unterschiedlich ausfallen. Quelle/Autor: Gamecity Hamburg

Vor der eigentlichen Bewerbung müssen die Antragsteller-innen verpflichtend ein Beratungsgespräch vereinbaren. Dafür sollten bestenfalls schon eine Projektskizze, Angaben zur angestrebten Fördersumme und ein Nachweis zur Eigenleistung vorliegen.

Das Beratungsgespräch ist dafür da, die Bewerber-innen bei der Antragstellung zu unterstützen, damit die Förderung nicht schon an den Formalien scheitert. In Ergänzung dazu, bietet die Gamecity Hamburg während der Bewerbungsphase einen Workshop zum Thema „Prototyp Funding Insights: Dos and Don’ts for your application“ an.

Bis spätestens zwei Wochen vor Einreichungsfrist, sollten alle Unterlagen vorliegen, damit gegebenenfalls noch Dokumente nachgereicht werden können oder Nachbesserungen möglich sind.

In den folgenden Wochen entscheidet dann das Vergabegremium, welche Antragsteller-innen zum Pitch geladen werden. Während dieses zehnminütigen Minivortrages, dürfen die Nachwuchs-Devs das Gremium noch einmal persönlich von ihrem Projekt überzeugen. Umgekehrt kann das Gremium hier Rückfragen stellen.

„Im Vergabegremium sitzen Experten-innen aus der lokalen Games-Branche zusammensetzt. Die helfen uns zum einen dabei, auf dem Stand zu bleiben, was die Branche gerade braucht und welche Konzepte vielversprechend sind. Zum anderen steckt dahinter ein Netzwerkgedanke für Nachwuchsentwickler-innen, die indirekt über unsere Formate oder auch direkt über persönlichen Kontakt von den Profis Unterstützung erhalten“, erklärt Johannes das Konzept dahinter.

Für 2021 sind die Bewerbungsphasen bereits abgeschlossen. Doch 2022 wird es selbstverständlich neue Möglichkeiten geben, sich mit seinem Projekt für eine Prototypenfördung zu bewerben.

Schöne Aussichten für Events in der Hafencity

Gemeinsam mit den anderen Bereichen der Hamburg Kreativ Gesellschaft hat die Gamecity ihren Office-Sitz in der Honkongstraße. Teil der Aufgaben der Gesellschaft ist es, leerstehende oder eigene Räume in Hamburg für Kreativschaffende nutzbar zu machen, unter anderem im kultigen Oberhafenquartier oder im schicken designxport im neuen Stadtteil HafenCity. So bieten sich auch für die Gamecity viele Optionen, kleinere und größere Events zu organisieren.

Die Hamburg Games Conference gehört bereits seit 10 Jahren zum Programm und kann mittlerweile (zumindest lokal) als Institution bezeichnet werden. An zwei Tagen finden zu einem übergeordneten Thema Vorträge oder Panels statt, die durch Spielvorstellungen mit anschließender Diskussion und der Möglichkeit für Business-Meetings ergänzt werden.

Hamburg Games Conference 2020 Besucher
Impressionen von der Hamburg Games Conference 2020, die noch vor Ort stattfinden konnte. Autor: Stefanie Lampe/Photolampe, Quelle: Gamecity Hamburg

2021 fand das Event zum ersten Mal online und rein digital in Kooperation mit GRAEF Rechtsanwälte und der Event Agentur Super Crowd Entertainment statt. Diese setzten für die Gamecity in Anlehnung an die Indie Arena Booth Online der gamescom ein virtuelles Kreuzfahrtschiff um, das mittels Avataren, welche die Teilnehmer-innen durch eine Multiplayer-Welt steuern, für „echtes“ Konferenz-Feeling sorgen sollte. Die nächste Hamburg Games Conference findet am 2. Und 3. März 2022 hybrid statt, Tickets gibt es bereits jetzt unter gamesconference.com.

Für die gamescom selbst bietet die Gamecity Hamburg ein Programm an, das es Teams aus Hamburg ermöglicht, durch einen Gemeinschaftsstand bei diesem wichtigen Branchen-Event dabei zu sein.

An diesen beiden Beispielen werden die zwei Schwerpunkte des Eventprogramms der Gamecity deutlich: Die Vernetzung und der Austausch innerhalb der Branche einerseits und die Unterstützung des Entwicklernachwuchses andererseits.

Bei Letzterem wird schon an einem sehr frühen Punkt angesetzt. So unterstützt die Gamecity Hamburg lokale Games-Unternehmen dabei, Schülerpraktika zu realisieren. Hinzu kommen Besuche von Experten-innen an Schulen oder andere Kooperationen mit den verschiedenen Ausbildungseinrichtungen der Stadt.

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Corona und die damit verbundenen besonderen Herausforderungen für eine Förderinstitution scheinen für die Gamecity Hamburg kein Problem. So finden viele der Events und Talkrunden, wie hier das Format Game Starter, einfach online statt. Quelle/Autor: Gamecity Hamburg

Zur Nachwuchsförderung gehört auch das Angebot Game Starter, das einen intensiven Austausch zwischen Berufseinsteigern-innen und Experten-innen aus der Branche anstrebt und in Form einer Vortragsreihe verschiedene Berufsgruppen vorstellt.

Für solche, die bereits den Einstieg in die Spieleentwicklung gewagt haben, aber noch relativ am Anfang ihrer Karriere oder ihres Projekts stehen, veranstaltet die Gamecity in ihren unterschiedlichen Programmen Workshops zu Themen wie „Crowdfunding“, „Businessdevelopement“, „Pitching“ oder „Animation in Film und Games“.

Auch für die Profis gibt es Formate, die sich speziell ihren Fragen und Herausforderungen widmen. So richten sich die Austausch-Meetings von Gamecity Forecast speziell an die Führungsetagen von Hamburger Games-Unternehmen. Gemeinsam wird hier beispielsweise die Fragestellungen erörtert, wie Unternehmen zwischen den Lockdowns neue, hybride Arbeitsumgebungen gestalten können.

Die kreativen Köpfe hinter dem vielfältigen Portfolio der Gamecity Hamburg: von links nach rechts 1. Zeile: Annika Heilmann, Johannes Klockenbring, Anna Jäger, v.l.n.r. 2. Zeile: Helen Krüger, Dennis Schoubye, Margarete Schneider. Autor: Oliver Reetz, Quelle: Gamecity Hamburg

Für alle Gruppen gleichermaßen spannend ist das neue Online-Format Gamecity Impulse, das, wie der Name schon sagt, in Form von Experten-Diskussionen Impulse für den Umgang mit dem Thema Diversity liefern möchte.

Ob und wie lange das Format bleibt, lassen die beiden offen. „Das ist bei uns immer so ein Angebot-Nachfrage-Ding, wie bei den meisten unserer Aktivitäten“, erklärt Anna, „das Thema ist uns aber sehr wichtig und wir werden für Gamecity Impulse noch genügend Diskussionsanregungen sammeln können.“

Hamburger Games-Branche digital: Der Gamecity Online Hub

Die Idee der Hamburg Games Conference 2021, Hamburger Game-Devs und -Institutionen über eine digitale Plattform spielerisch untereinander und mit der Welt zu vernetzen, hat mittlerweile ein dauerhaftes Zuhause gefunden: Den Gamecity Online Hub.

Der ist eine Art digitales Mini-Hamburg, in dem sich Games-Unternehmen und -Institutionen präsentieren können. Neben Entwicklerstudios sind hier beispielsweise auch Ausbildungsstätten vertreten. Interessierte können maßgeschneiderte Pakete buchen, um sich und ihre Einrichtung beziehungsweise ihr Studio/Team zu präsentieren.

User-innen können sich kostenlos im Browser einloggen und mit einem Avatar durch das virtuelle Hamburg steuern, dort mit den Präsentationsflächen der Unternehmen interagieren und via Videocall sogar mit anderen direkt austauschen.

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Hinter der schnuckeligen Fassade eines Pixel-MMOs verbirgt sich beim Gamecity Online Hub eine tolle Möglichkeit für die Hamburger Game-Szene sich zu präsentieren und den Besuchern viele Informationen an die Hand zu geben. Quelle/Autor: Gamecity Hamburg

Die Plattform kann sogar auch für Veranstaltungen genutzt werden: „Das Feature erproben wir aber gerade noch. Während Corona fanden die meisten Events entweder über Zoom-Call oder als Livestream mit Chats statt“, erläutert Johannes.

Mit der Gamecity Hamburg selbst tretet ihr am besten über den Discord-Server oder klassisch per E-Mail in Kontakt. Das sei am leichtesten zu koordinieren, meint Anna. Natürlich geht auch ein Anruf.

Zum Schluss habe ich die beiden noch nach einem Pro-Tipp für Einsteiger gefragt, die die Angebote der Gamecity Hamburg nutzen wollen. Hier ihre Antworten:

Johannes: „Bevor ihr eure Bewerbungen abschickt, sprecht uns gerne an und nehmt unsere Beratungsangebot wahr. Ich behaupte mal, dass man da am Ende sehr viel schlauer rausgeht – und die Bewerbung erfolgreicher ist.“

Anna: „Engagiert euch unbedingt in der Games-Branche. Besucht den HH-Indie-Treff, interagiert mit uns und anderen im Chat auf Twitch und nutzt dafür vor allem auch unseren Discord-Server. Die Branche ist super offen und der Austausch untereinander oder mit den Experten-innen ist sehr viel wert.“

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