Der Myers-Briggs-Typenindikator, kurz MBTI, wurde zwar für den Jobmarkt entwickelt, lässt sich aber auch auf fiktive Charaktere anwenden – egal, ob ihr selbst einen Charakter designen wollt oder mehr über euren Lieblingshelden erfahren möchtet. Hier lest ihr, was das ist und wie er funktioniert.
Was haben Tyrion Lannister, Captain Jack Sparrow, der Joker und Morte aus Planescape: Torment gemeinsam? Abgesehen davon, dass es sich bei allen vier um fiktive Charaktere handelt, teilen sie nach gängiger Einschätzung einen Persönlichkeitstypen: Den soganannten „Dabattierer“ (ENTP), gerne auch als „des Teufels Advokat“ bezeichnet.
Dieser Persönlichkeitstyp liebt es, sich geistig mit anderen zu messen und die Ideale und Werte des Gegenübers (meist verbal, im Falle des Jokers auch wörtlich) in Rauch aufgehen zu lassen. Ihr loses Mundwerk bringt sie schnell in ungemütliche Situationen, aus denen sie sich aber dank ihres scharfen Verstandes genauso mühelos wieder befreien können.
Ähnlich stimmig lassen sich andere Gestalten aus der Medienlandschaft einem der 16 Persönlichkeitstypen nach Myers-Briggs zuordnen. Petyr Baelish, Yennefer von Vengerberg und Walter White beispielsweise, gelten als „Architekten“ (INTJ).
Sie sind originelle Denker, systematisch in ihrem Handeln und fest entschlossen, ihre Visionen und Ziele zu verwirklichen, egal welche Hindernisse das Schicksal ihnen auch in den Weg stellt. Was genau hat es aber mit all diesen Bezeichnungen und Buchstabenkombinationen auf sich?
Wie funktioniert der MBTI?
Der Myers-Briggs-Typenindikator, oft einfach MBTI abgekürzt, wurde in den 1940er Jahren von Katherine Cook Briggs und ihre Tochter Isabel Myers entwickelt. Grundlage für ihre Typologie sind die vom schweizer Psychologen Carl Gustav Jung aufgestellten „psychologischen Typen“.
Jung, Begründer der analytischen Psychologie, unterscheidet grundsätzlich zwischen extravertierten, also offenen und nach außen gerichteten Persönlichkeitsstrukturen und introvertierten, also in sich gekehrten Persönlichkeitsstrukturen. Diese kombinierte er mit den vier Funktionen Denken, Fühlen, Intuition und Empfinden. So erhielt er acht Persönlichkeitstypen, die im MBTI aufgegriffen werden.
Anhand von (nichtwissenschaftlichen) Messreihen identifizierten Briggs und Myers acht grundlegende Persönlichkeitsmerkmale, wobei jeweils zwei gegensätzlich sind: Introversion (I, Introversion) vs. Extraversion (E, Extraversion) , Intuition (N, Intuition) vs. Sensing (S, Sensorik), Feeling (F, Fühlen) vs. Thinking (T, Denken), sowie Judging (J, Beurteilen) vs. Perceiving (P, Wahrnehmung).

Introversion vs. Extraversion beschreibt, ob ein Mensch eher kontaktfreudig ist oder sich lieber mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Intuition vs. Sensing beschreibt, wie wir Sinneseindrücke verarbeiten. Verlässt sich jemand mehr auf seinen sechsten Sinn oder auf konkrete Informationen?
Feeling vs. Thinking beschreibt, wie wir Entscheidungen treffen, entweder rational und objektiv oder unter Berücksichtung von Moralvorstellungen und den Wünschen anderer. Percieving sind Menschen, die eher spontan handeln, während Judging meint, dass sich jemand mit seinem Urteil eher Zeit lässt und die Dinge systematisch angeht.
Bei den gegenüberstehenden Charaktereigenschaften gilt das entweder-oder-Prinzip. Der MBTI berücksichtigt nicht, dass wir uns in verschiedenen Situationen unterschiedlich verhalten. So erhielten Myers und Briggs am Ende 16 verschiedene Persönlichkeitstypen.
Du willst mehr über deine Persönlichkeit als Spieler erfahren? Ein wissenschaftlich fundiertes Modell über verschiedene Spielertypen haben wir im Artikel „Der Bartle-Test – Welcher Spielertyp bist du“ unter die Lupe genommen.
Der Myers-Briggs-Persönlichkeitstest
Die Ergebnisse ihrer Beobachtungen nutzten Myers und Briggs für die Gründung des Center for Applications of Psychological Type, das Persönlichkeitseinschätzungen kommerziell anbietet. Dazu gehört auch der orignale MBTI-Persönlichkeitstest, den es für $175 online zu kaufen gibt – inklusive persönlicher Beratung und Infomaterial.
Es gibt aber auch kostenlose Tests, zum Beispiel von 16personalities.com. Auf der Seite finden sich ausführliche Beschreibungen der einzelnen MBTI-Typen. Wer noch mehr ins Detail gehen möchte, muss aber auch hier tief in die Tasche greifen.
Der BMTI wird also ursprünglich im Recruiting eingesetzt und soll dabei helfen, die Eignung einer Person für eine bestimmte Stelle einzuschätzen. Doch er bietet sich auch als Inspirationsquelle für euer Character Design an, oder um fiktive Charaktere zu analysieren.
Myers-Briggs-Typen im Überblick
INTJ – intelligent, perfektionistisch, strategischer Denker mit einem Plan für alles (Sephiroth – Final Fantasy, Morrigan – Dragon Age, Miranda Lawson – Mass Effect, Big Boss/Naked Snake – Metal Gear Solid, Athena – God of War, Dracula – Castlevania, Martin Walker – Spec Ops: The Line, Sylvannas Windrunner – World of Warcraft)
INTP – logisch und analytisch denkend, unabhängig, wissensdurstig (Connor – Detroit: Becoming Human, Futaba Sakura – Persona 5, Linhardt von Hevring – Fire Emblem, Solas – Dragon Age, Shaun Hastings – Assassin’s Creed)
ENTJ – organisiert, effizient, zielstrebig, fantasievoll (Mark Jefferson – Life is Strange, Commander Shepard – Mass Effect, Aloy – Horizon Zero Dawn, Edelgard von Hresvelg – Fire Emblem, Albert Wesker – Resident Evil, Handsome Jack – Boarderlands, Andrew Ryan – BioShock, John Price – Call of Duty, Aszhara – World of Warcraft)
ENTP – intelligent, kreativ, mutig, immer auf der Suche nach neuen Ideen und Herausforderungen (Sans – Undertale, Joker – Batman, Varric Tethras – Dragon Age, Phoenix Wright – Ace Attony, Vaas Montenegro – Far Cry 3, John Hancock – Fallout, Claude von Riegan – Fire Emblem, Cortana – Halo, Cayde-6 – Destiny)
INFJ – idealistisch, insprierend, fokussiert, ein Ruhepol (Deckard Cain – Diablo, Alucard – Castlevania, Thrall – World of Warcraft, Prinzessin Rosalina – Super Mario Galaxy, Markus – Detroit: Becoming Human, Zelda – The Legend of Zelda, Revan – Star Wars: Knights of The Old Republic)
INFP – kreativ, sensibel, idealistisch, selbstlos (Cloud Strife – Final Fantasy, Peter Parker/Spider-Man – Marvel’s Spider-Man, Clementine – The Walking Dead, Max Caulfield – Life is Strange, Dr. Hal Emmerich – Metal Gear Solid, Lux – League of Legends)
ENFJ – charismatisch, mitreißend, leidenschaftlich, kontaktfreudig (Aerith Gainsborough – Final Fantasy, Ezio Auditore – Assassin’s Creed, Triss Merigold – The Witcher, Ulfric Stormcloak – The Elder Scrolls, Elena Fisher – Uncharted, Alyx Vance – Half-Life, Dutch von der Linden – Red Dead Redemption 2, Solaire of Astora – Dark Souls)
ENFP – enthusiastisch, kreativ, spontan, optimistisch (Ellie – The Last of Us, Lena „Tracer“ Oxton – Overwatch, Sora – Kingdom Hearts, 9S – Nier: Automata, Rittersporn – The Witcher, Atreus – God of War, Yoshi – Super Mario Bros., Elizabeth – Bioshock Infinite, Xiaoyu Ling – Tekken)
ISTJ – praktisch veranlagt, faktenorientiert, konsequent, zuverlässig (Cole Phelps – L.A. Noire, Joel Miller – The Last of Us, 2B – Nier: Automata, Jill Valentine – Resident Evil, Simon Belmont – Castlevania, Vincent Moretti – A Way Out, Scott Shelby – Heavy Rain, Adam Jensen – Deus Ex, Gerald von Riva – The Witcher)
ISTP – experimentierfreudig, direkt, analytisch, mit Talant für Werkezuge aller Art (Scorpion – Mortal Combat, Solid Snake – Metal Gear Solid, John Marston – Red Dead Redemption, Garrus Vakarian – Mass Effect, Gordon Freeman – Half-Life, Masterchief – Halo, Nina Williams – Tekken, Niko Bellic – GTA, Lara Croft (älter) – Tomb Raider)
ESFJ – verlässlich, praktisch, fürsorglich, beliebt (Tifa Lockheart – Final Fantasy, Chris Redfield – Resident Evil, Alistair – Dragon Age, Reinhardt Wilhelm – Overwatch, Ann Takamaki – Persona, Princess „Peach“ Toadstool)
ESFP – energiegeladen, enthusiastisch, spontan, geborene Entertainer (Jinx – League of Legends, Tidus – Final Fantasy, Hanna „D.Va“ Song – Overwatch, Leo Caruso – A Way Out, Chloe Price – Life is Strange, Mario – Super Mario Bros., Cole MacGrath – InFamous)
ISFJ – herzlich, hingebungsvoll, pragmatisch, mit ausgeprägtem Beschützerinstinkt (Yuna – Final Fantasy, Ethan Mars – Heavy Rain, Kara – Detroit: Becoming Human, Dimitri Alexandre Blaiddyd – Fire Emblem, Alfred Pennyworth – Batman, Ajay Ghale – Far Cry, Aveline Vallen – Dragon Age, Tyrael – Diablo)
ISFP – sympathisch, hilfsbereit, offen, harmoniebedürftig (Khada Jhin – League of Legends, Noctis Lucis Caelum – Final Fantasy XV, Leon Scott Kennedy – Resident Evil, Artyom – Metro, Desmond Miles – Assassin’s Creed, Deacon St. John – Days Gone, Lara Croft (jünger) – Tomb Raider)
ESTJ – realistisch, entscheidungsfreudig, strukturiert, Organisationstalente (Kratos – God of War, Wallace Breen – Half-Life, Franziska von Karma – Ace Attorny, Michael De Santa – GTA, Bowser – Super Mario Bros., Emily Davis – Until Dawn, Cassandra Pentaghast – Dragon Age, Garrosh Hellscream – World of Warcraft, Lord Shaxx – Destiny)
ESTP – scharfsinnig, abenteuerlustig, energiegeladen, pragmatisch (Johnny Cage – Mortal Combat, Nathan Drake – Uncharted, Edward Kenway – Assassin’s Creed, Sonic – Sonic the Hedgehog, Dante – Devil May Cry, Victor „Sully“ Sullivan – Uncharted, Bayonetta – Bayonetta, Isabela – Dragon Age, Prince – Prince of Persia)
Die Auflistung zeigt alle 16 möglichen Persönlichkeitstypen nach Myers-Briggs. Den Typen werden spezifische Persönlichkeitsmerkmale zugeschrieben, die Menschen mit der jeweiligen Persönlichkeitsstruktur besitzen. Sie können aber je nach Quelle anders ausfallen. Die genannten Beispiele beruhen auf Einschätzungen, die man im Netz findet.
Kritik am Myers-Briggs-Typenindikator
Für alle Selbsteinschätzungsverfahren wie den Myers-Briggs-Typenindikator gilt der sogenannte Barnum-Effekt. Dieser ist auch bei Horoskopen zu beobachten, die möglichst vage formuliert sind, damit sich jeder ein Stück weit in ihnen wiedererfinden kann. Das macht die Ergebnisse mindestens fragwürdig.
Die Funktionstheorie des Typenindikators konnte wissenschaftlicher Überprüfung nicht Stand halten. Unter anderem wird kritisiert, dass die von Jung abgeleiteten Typen von Myers und Briggs falsch interpretiert wurden.

Zudem erwies sich der MBTI in der Praxis als untauglich für Berufserfolgs- und Eignungsprognosen. Nicht zuletzt sprechen die Ergebnisse zahlreicher Studien gegen die Existenz von Entweder-oder-Persönlichkeitstypen. Wahrscheinlicher ist, dass sich Persönlichkeitsstrukturen immer zwischen zwei Extremen bewegen.
Eine Alternative zu Myers-Briggs
Bei den Big Five (auch Fünf-Faktoren-Modell, FFM oder OCEAN-Modell im Englischen) handelt es sich um ein Modell, das die Persönlichkeit eines Menschen anhand von fünf Hauptdeminsionen (Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus) einschätzt.
Diese Dimensionen werden als Skalen betrachtet, auf denen sich eine Persönlichkeit bewegt. Das Big Five-Modell ist im Gegensatz zum MBTI anerkannt und wurde in bislang über 3.000 wissenschaftlichen Studien verwendet.
Macht zocken dumm? Was die Schul-Psychologie über die Auswirkungen des Zockens auf unser Gehirn zu sagen hat, liest du in unserem Artikel „Game an Gehirn – Was das Zocken mit unserem Denkorgan anstellt“.
Fazit: Wie sinnvoll ist der MBTI?
Bei der Berufswahl sollte man sich wohl besser nicht auf den MBTI verlassen. Doch egal ob für die nächste Pen-&-Paper-Runde, das neue Romanprojekt oder ein Videospielkonzept, die 16 Persönlichkeitstypen des MBTI liefern eine nette Basis für komplexe Protagonisten oder können blassen Nebencharakteren mehr Kontur verleihen.
Das Video von Extra Credits über den Myers-Briggs-Typenindikator fasst noch einmal zusammen, worum es geht und wie sich das Instrument im Character Design einsetzen lässt:
Hm, wie ihr schon geschrieben habt, man kann durchaus mal so, mal so reagieren, aber laut der Lotr-Grafik dürfte ich mich hauptsächlich in der Ecke von Galadriel und Elrond aufhalten. 😀 Find ich gut!
16personalities bestätigt das auch mit INTJ-A 🙂
LikeLike