Sollten bei Wahlen Meinungsäußerungen im Internet beschränkt werden?

Wie weit geht die Meinungsfreiheit von Künstlern? Eine alte Frage, die durch die enorme Wirkungskraft von Influencern (der Name ist Programm) eine neue Dimension bekommt.  Dürfen sich Influencer in die politischen Vorgänge ihres Landes einmischen? Geht es nach Annegret Kramp-Karrenbauer am liebsten gar nicht. Zumindest nicht, wenn gerade Wahlen vor der Tür stehen.

Die Europawahlen sind vorbei und die deutschen Volksparteien mussten wieder einmal ordentlich einstecken. Mit 15,8 Prozent der Stimmen bei SPD und 28,6 Prozent bei CDU/CSU haben beide deutlich schlechter abgeschnitten als bei der letzten Europawahl. Statt nach eigenen Fehlern, suchte Annegret Kramp-Karrenbauer, Vorsitzende der CDU, anschließend lieber nach Schuldigen und fand diese in den Youtubern, die sich vor der Wahl gegen die Volksparteien ausgesprochen hatten.

AKK forderte eine Regulierung der Meinungsäußerungen von Influencern wie Rezo vor Wahlen. Schnell kam der Vorwurf auf, mit einer solchen Maßnahme würde die Meinungsfreiheit verletzt werden. Dies dementierte sie natürlich und tatsächlich wird die Aussage so nicht gemeint sein. Der CDU zu unterstellen, sie wolle einen dystopischen Überwachungsstaat formen, nimmt uns die Möglichkeit, die Sache objektiv zu bewerten.

Das sind die wichtigsten Fragen

Wie unterscheiden sich Influencer von Journalisten?

Die Grenzen zwischen Journalisten, Influencern und Privatleuten verschwimmen immer mehr. Dennoch lassen sich Grundtendenzen ausmachen. Der durchschnittliche Youtuber, Instagramer und Blogger verfolgt mit seinen Inhalten eine Unterhaltungsabsicht, die oft meinungsgefärbt ist. Der Großteil der Influencer in Deutschland kann von seinen Produktionen nicht leben, sondern verdient anderweitig seine Brötchen. Journalisten dagen machen ihren Job in der Regel hauptberuflich und haben eine entsprechende Ausbildung genossen. Klassischer Journalismus möchte informieren und aufklären. Eine fundierte Recherche gilt als Qualitätsmerkmal.

Was dürfen Influencer?

Erst einmal das, was ihnen ihre jeweilige Plattform erlaubt. Darüber hinaus sollte in Zukunft bei vielen die Polemik heruntergefahren werden, wenn sie im politischen Diskurs wirklich ernst genommen werden wollen. Allerdings klickt sich ‚Eine kritische Sicht auf die CDU‘ natürlich nicht so gut wie ‚Die Zerstörung der CDU‘.

Was können die etablierten Medien tun?

Vertreter von lange bestehenden Institutionen wie Spiegel und Zeit gehörten zu den wenigen, die Annegret Kramp-Karrenbauer in ihren Aussagen unterstützten. Das kommt wenig überraschend, denn wenn sie in ihren Aussagen eingeschränkt werden, dann doch bitte auch diese Influencer. Doch wenn sie sich mit denen auf eine Ebene stellen, haben sie schon verloren. Stattdessen sollten sie lieber dafür sorgen, dass der traditionelle Journalismus wieder an Qualität gewinnt. So wird subjektive Meinungsmache auch in der Ecke gehalten, in die sie gehört.

Wie sollten sich Politiker verhalten?

Offensichtlich nicht so wie Kramp-Karrenbauer. Mit ihrer Abmahnung hat sie viele Wähler vermutlich noch weiter von ihrer Partei distanziert. Dass AKK die Problematik über Twitter diskutiert, zeigt, dass die Bereitwilligkeit über neue Medien zu kommunizieren grundsätzlich vorhanden ist. Zu diesem Kosmos gehören aber auch Influencer. Diesen zu verbieten, ihre Meinung zu sagen, hat keinen Zweck. Stattdessen müssen Politiker der Mitte damit beginnen, bestimmte Wählerschichten wieder von sich zu überzeugen. Die Volksparteien sind dabei, sich selbst zu zerstören. Nur eine Abkehr von der Einschläferungspolitik und klare Stellungnahmen zu wichtigen Themen können diesen Vorgang aufhalten.

Was sollte jetzt unternommen werden?

Wichtig wird es sein, von Aktionismus abzusehen. Per Gesetz festgelegte Regulierungen würden ganz klar in die falsche Richtung gehen. Mit der von AKK geforderten politischen Kultur hat das nichts zu tun. Wie genau diese aussehen soll, wird die kommenden Jahre eine wichtige Frage in Politik und Medien sein. Jeder sollte sich selbst prüfen und sicherstellen dass die eigene Tätigkeit bestmöglich ausgeführt wird. Es wird in jedem Fall ein langer Prozess, in den alle Parteien und Medien eingebunden sein werden. Und im Idealfall auch alle Bürger.

Wen sollen wir denn wählen?

In ihrem Video haben die über 90 Youtuber keine bestimmte Partei propagiert. Das ist gut. Doch wen soll ich denn beim nächsten mal wählen? Nicht CDU/CSU und nicht die SPD. Auch nicht die AFD. Wer bleibt dann noch? Durch die Aussagen in dem Video wird klar: Die Grünen sollen es sein. Und für viele wurden sie es bei der Europawahl dann auch. Doch wer sich mit der Geschichte der Grünen in diesem Jahrtausend beschäftigt, findet genau die Fehler, die den Volksparteien vorgeworfen werden: Opportunismus, Einheitspolitik, Verrat an der eignen Sache. In Zukunft sollten bei aller Kritik die Lösungsansätze nicht vergessen werden.

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